Flexibel, hybrid, praxisorientiert: Wie Jugendliche und Lehrkräfte die Schule der Zukunft sehen
Digitale Fähigkeiten der Lehrkräfte müssen gestärkt werden
In den Schulen am häufigsten genutzt werden Videokonferenzen, schulinterne Lern- oder Arbeitsplattformen, digitale Übungsblätter sowie Lernvideos. Niedrigschwellige Angebote wie Websites mit Lernmaterial, Tools zur digitalen Zusammenarbeit und Webinare sind hingegen wenig verbreitet. Seit März 2020 hat die Digitalisierung der Schulen auch dank des Engagements vieler Lehrkräfte einen großen Schritt nach vorn gemacht. Trotzdem gibt es noch erhebliches Entwicklungspotenzial. Als Haupthindernis für die weitere Digitalisierung sehen 53 Prozent der Schülerinnen und Schüler und 41 Prozent der Lehrkräfte die ausbaufähigen digitalen Fähigkeiten der Lehrerinnen und Lehrer. „Dies zeugt von einem bemerkenswerten Maß an Selbstkritik seitens der Lehrkräfte. Fortbildungen für Lehrkräfte zum digitalen Lernen könnten ein wirksamer Hebel sein, um ihre Fähigkeiten zu stärken und die Digitalisierung der Schulen so zu beschleunigen“, meint Dr. Babette Claas, Leiterin der Bildungsinitiative business@school, und fügt hinzu: „Eines ist klar: Es gibt kein Zurück, die Digitalisierung der Schulen muss weiter fortgesetzt werden.“ Auch wenn die nötige Hardware an den meisten Schulen inzwischen zumindest teilweise zur Verfügung steht, besteht nach wie vor Verbesserungsbedarf: Sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrkräfte benennen fehlende Netzwerkverbindungen (40 % bzw. 32 %) und mangelnde Endgeräte (26 % bzw. 32 %) als wesentliche Hürden.
Mehr Flexibilität, dafür mehr psychische Probleme
Die Vorteile digitaler Technologien liegen für beide Befragungsgruppen auf der Hand: Sie schätzen die Flexibilität (62 % der Schülerinnen und Schüler sowie 55 % der Lehrkräfte) sowie die Möglichkeit, sich auf zukunftsorientierte Fähigkeiten und Kompetenzen zu fokussieren anstatt auf reines Wissen (jeweils 49 %). Auf die Frage nach den Risiken nennen Schülerinnen und Schüler (55 %) sowie Lehrkräfte (52 %) übereinstimmend psychische Gesundheitsprobleme, die zum Beispiel durch Einsamkeit verursacht werden. Provoziert wurde dieses Ergebnis möglicherweise zum Teil durch lange Einschränkungen des Schul- und des privaten Lebens während des Befragungszeitraums. Darüber hinaus warnen 59 Prozent der Lehrkräfte vor einer größeren Bildungsungleichheit, 56 Prozent der Schülerinnen und Schüler fürchten geringere Produktivität und Motivation.
Hybrider Unterricht ist die Zukunft
Die Befragten sind sich einig: Statt vollständig zum Status quo ante und damit zum reinen Präsenzunterricht zurückzukehren, sollten Lerninhalte vor allem in den höheren Jahrgangsstufen künftig durch eine Kombination aus Distanz- und Präsenzunterricht vermittelt werden. Für ein solches Hybridmodell sprechen sich 61 Prozent der Schülerinnen und Schüler sowie 78 Prozent der Lehrkräfte aus.
Praxisnaher Unterricht für bessere Berufsorientierung
Auch bei der Frage, welches auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft die relevantesten Fähigkeiten sein werden, zeigen beide Gruppen eine ähnliche Einschätzung: Am meisten wird es auf kommunikative Kompetenzen, Teamfähigkeit, kritisches Denken und das Lösen komplexer Probleme ankommen. Um diese Fähigkeiten zu erlernen, sehen 73 Prozent der Schülerinnen und Schüler und 61 Prozent der Lehrkräfte On-the-Job-Trainings wie Praktika als besonders effektiv an. Traditionelle Bildungseinrichtungen wie die Schule oder die Universität halten nur 45 Prozent der Schülerinnen und Schüler, aber 77 Prozent der Lehrkräfte für geeignet, die genannten Fähigkeiten zu vermitteln. „Die Zusammenarbeit mit externen, praxisorientierten Partnern kann ein Erfolgsfaktor sein, um die Kluft zwischen heutigen wissensorientierten Lerninhalten und den Fähigkeiten, die auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft erforderlich sein werden, zu überbrücken und die Schülerinnen und Schüler so auf ein dynamisches Arbeitsumfeld vorzubereiten“, so Dr. Alexander Türpitz, Managing Director und Senior Partner bei BCG und Leiter der Praxisgruppe Öffentlicher Sektor in Deutschland.
Arbeitsplatz der Zukunft
Was macht einen attraktiven Arbeitsplatz aus? Für die befragten Schülerinnen und Schüler sind dies vor allem interessante Inhalte (63 Prozent), eine angemessene finanzielle Vergütung (47 Prozent), Karrierechancen und eine gute Work-Life-Balance (jeweils 45 Prozent). Gute Beziehungen zu Kolleginnen und Kollegen sowie Vorgesetzten und Fortbildungsangebote sehen die Jugendlichen als weniger wichtig an. Auf die Auswirkungen, die der zunehmende Einsatz moderner Technologien auf ihren beruflichen Werdegang hat, reagieren die Schülerinnen und Schüler flexibel: 76 Prozent geben an, dass sie sich bei der Planung ihrer Laufbahn von Technologie-Megatrends wie Automatisierung oder Künstlicher Intelligenz (KI) beeinflussen lassen.
1 Über 90 % der befragten Schüler*innen sind 16 – 18 Jahre alt, 60 % sind männlich, 40 % weiblich. 87 % besuchen eine Schule in Deutschland, weitere Schüler*innen kommen aus Österreich (6 %), Italien (4 %), der Schweiz (2 %) und Albanien (1 %).
2 Unter den Lehrkräften sind die Altersgruppen 30 – 39 Jahre bzw. 50 – 59 Jahre mit jeweils 30 % am stärksten vertreten, 3 % sind über 60 Jahre alt, 51 % sind weiblich und 49 % männlich.